Chronik des Kleingartenbau-Vereins Ostend e.V.
zum 100-jährigen Bestehen 2016
von Wolfgang Rößer
100 Jahre Kleingartenbau-Verein Ostend e.V. sind ein rundes Jubiläum und, vor allem aber, ein Grund zum Feiern.
In der Chronik wird erwähnt, dass schon im Jahr 1912 Kleingärten im Sinne von Dr. Schreber, dem Förderer des Kleingartenwesens, auf dem Gelände der späteren Großmarkthalle und heutigen EZB bestellt wurden.
Das Gründungsjahr 1916 bezieht sich auf schriftliche Überlieferungen verschiedener Art. In einem Schreiben des Regierungspräsidenten vom 22.03.1928 wird dem Kleingartenbau-Verein Ostend e. V. die Gemeinnützigkeit zuerkannt.
Hinsichtlich des Gartengeländes hat der Kleingartenbau-Verein Ostend e.V. eine sehr wechselvolle Vergangenheit. Als im Jahr 1911 die Reichsbahnen den neuen Ostbahnhof bezogen hatten, wurde das Gelände am alten Ostbahnhof für Kleingärten freigegeben. 1916 wurde dieses Gelände am alten Ostbahnhof von den Gartenfreunden des Kleingartenbau-Vereins Ostend bezogen. Die damaligen Kleingärten dienten nicht der Erholung, sondern waren reine Nutzgärten.
Schon seit 1914 wütete der 1. Weltkrieg und die Armut machte sich besonders in den Großstädten bemerkbar. Die Kleingärten sicherten in dieser Zeit einen wesentlichen Teil der täglichen Ernährung. Den Hauptanteil an der Bewirtschaftung der Kleingärten der damaligen Zeit hatten Frauen und Kinder, denn die Männer waren größtenteils im Krieg. Wenn hier von Bewirtschaftung geredet wird, dann war das für die damaligen Kleingärtner nicht die schwerste Arbeit. Die schwerste Arbeit war das urbar machen des von der Reichsbahn zur Verfügung gestellten Geländes. Ohne Zuschüsse oder Hilfe der Stadt mussten die Kleingärtnerinnen und Kleingärtner diese schwere Arbeit der Urbarmachung selbst leisten.
Während sich unsere Gründungsmitglieder im Jahr 1911 abquälten den Grund und Boden auf dem Gelände der heutigen EZB zu kultivieren, entschloss sich der Römer zeitgleich unter dem damaligen Oberbürgermeister Franz Adickes den Osten der Stadt als Industriegebiet auszubauen.
Der Generalbebauungsplan von 1909/1910 sah auch eine Wohnbebauung zwischen dem Riederwald im Süden und dem Industriegebiet Seckbach im Norden vor.
Das heißt, der Stadtteil Riederwald wurde im gleichen Zeitraum gegründet wie 1916 der Kleingartenbau-Verein Ostend, der aber erst in den 30er Jahren im Riederwald seine Heimat fand.
Am 22.03.1923 wurde zwischen dem Kleingartenbau-Verein Ostend und der Reichsbahn ein Pachtvertrag abgeschlossen. Der Verein hatte damals 230 Mitglieder und bewirtschaftete auch entsprechend viele Gärten auf dem Reichsbahngelände am alten Ostbahnhof. Dieses Gelände liegt westlich des Danziger Platzes, da wo heute die Dörnigheimer Straße, Philippsruher Straße und Kesselstädter Straße als reines Wohngebiet bestehen. Es ist überliefert, dass bei der Vereinsgründung der Schuhmachermeister Ross als 1. Vorsitzender gewählt wurde. Als Gründungsmitglieder sind die Herren Westphal und Amrhein bekannt. Aus den Gründungsjahren ist noch bekannt, dass Herr Max Baier Vorsitzender war. Leider sind die Unterlagen, wie Pachtverträge, Mitgliederlisten, Abrechnungen usw. durch Kriegseinwirkungen verloren gegangen. Erst seit 1945 sind wieder einige Unterlagen über das Vereinsgeschehen vorhanden. Interessant ist die Beitragszahlung der damaligen Zeit. Am 07.12.1944 wird der Verein durch die Stadtgruppe zur Beitragszahlung ermahnt.
Pro Mitglied waren zu zahlen:
Beitrag: 1,32 RM
Versicherung: 1,56 RM
Unwettergrundstock: 0,10 RM.
Das waren für 150 Mitglieder 447,00 RM.
Nach Beendigung des 2. Weltkriegs ging die Vereinsarbeit in voller Stärke weiter. Der damalige 1. Vorsitzende war der Gastwirt Jean Dietrich, Ostbahnhofstraße 18. Über viele Jahre war der Vorstand bemüht, Kleingartengelände für seine ca. 230 Mitglieder zu beschaffen. Als Verpächter ist immer wieder die Reichsbahn genannt. Die meisten Mitglieder unseres Vereins waren damals Bedienstete der Reichsbahn. Durch städtebauliche Maßnahmen musste immer wieder Kleingartengelände des Vereins abgegeben werden. So fielen alle Gärten am alten Ostbahnhof, an der Riederspießstraße und auch die meisten Gärten im Riederwald diese städtebaulichen Maßnahmen zum Opfer.
Ein großes Problem für die Gartenfreunde des Kleingartenbau-Vereins Ostend war die Verlegung der damaligen Trümmerbahn. Die Trümmer-Verwertungs-Gesellschaft (TVG) war mit ihrer Anlage auf dem Gelände des heutigen Metro Großmarktes aufgebaut. Durch die Trümmerbahn zu diesem Gelände ging trotz vielen Einspruchs viel Kleingartengelände verloren.
Für unser derzeitiges Kleingartengelände wurde 1945 ein Pachtvertrag über 4164 m2 mit der Stadt Frankfurt abgeschlossen. 1949 wurden von diesen 4164 m2 2100 m2 für Wohnungsbau gekündigt. Dem Verein blieben noch 10 Gärten mit 2064 m2. Der 1. Vorsitzende, Wilhelm Bischoff, kämpfte für den Erhalt des Vereins und eine Vergrößerung der Kleingartenanlage.
Auf Betreiben des Gartenamtes wurden 1962 die Gärten vom Kleingartenbau-Verein Ostend, die Gärten vom Kleingartenverein Riederwald und die der Einzelpächter (sogenannte wilde Kleingärtner) zu einer geschlossenen Anlage zusammengefasst. Am 10.03.1963 wurde in einer Kampfabstimmung das sogenannte Gelände mit 51.Gärten dem Kleingartenbau-Verein Ostend zugesprochen.
Vom Kleingartenverein Riederwald wurden 18 Gärten übernommen.
Unsere neue Anlage mit 50 Gärten wurde nun mit Hilfe des Gartenamtes und der vorbildlichen Mitarbeit vieler Mitglieder in der heute noch bestehenden Form angelegt. Vorsitzender dieser neuen Anlage war Wilhelm Bischoff.
Zu einer so schönen Anlage gehört natürlich auch ein Vereinshaus. 1964 wurde eine ehemalige Wehrmachts-Wohnbaracke auf dem Flugplatz Harheim erworben. Der Abriss der Baracke in Harheim, sowie das Aufstellen auf den inzwischen gefertigten Fundamenten wurde vorwiegend in Eigenleistung der Mitglieder erbracht. Stellvertretend für die vielen Helfer seien nur die Mitglieder Wilhelm Müller, Hans Müller, Heinrich Zimmermann, Rudolf Schickling, Gerhard Brossler, Hans Kastl, Richard Ungerer und Helmut Henign genannt. Im Laufe von 5 Jahrzehnten hat sich unser Vereinshaus zu einem schönen, gemütlichen Treffpunkt für seine Mitglieder, Familien und Freunde entwickelt.
Mit der Verlegung von Strom in alle Gärten wurde ein weiterer Baustein für die Modernisierung unserer Anlage gesetzt. Auch das Verlegen der Stromkabel in Wegen und Gärten wurde im Wesentlichen von Mitgliedern in Eigenleistung, ohne Bezahlung erbracht.
Diese gemeinnützigen Arbeiten, zu denen auch die Wasserversorgung des Vereinshaus, Umbaumaßnahmen des Vereinshauses (Toiletten mit Grube), Installation elektrischer Anlagen, Anlegen eines Kinderspielplatzes zählten, wurden in den Jahren 1963 bis 1983 durch Mitglieder durchgeführt.
In diesem Zusammenhang sind nachstehend aufgeführte Mitglieder besonders zu erwähnen:
Horst Bippert, Karl Bippert, Hermann Heymann, Wolfgang Steinhauer und Georg Ansoul .
Für die musikalische Umrahmung unserer Vereinsveranstaltungen war unsere Gewerzelband mit den mittlerweile verstorbenen Gartenfreunden Gerhard Brossler, Horst Herzog und Gustav Hohmeyer verantwortlich.
1995 wurde unter dem damaligen Vorsitzenden Rößer ein Kanalanschluss unsere Toiletten und Abwasser verwirklicht. Die vorhandene Grube lief bei jeder größeren Veranstaltung über, die dabei entstehenden Gerüche waren nicht nur den Gästen gegenüber eine Zumutung.
Die Kosten für dieses Projekt waren nur durch Zuschüsse, der Stadt Frankfurt, die kooperative Zusammenarbeit mit unserem Nachbarverein, dem GZV Riederwald, möglich.
Der GZV Riederwald beteiligte sich an der Kanalisation und damit auch an den entstehenden Kosten.
Bereits 1 Jahr später wurde mit der Erweiterung des Vereinshauses begonnen. Die Erweiterung umfasste den Toilettenbau für Männlein und Weiblein mit jeweils 2 Toiletten, eine Küche und einem Thekenbereich. Gleichzeitig mit der Erweiterung wurde auch eine Zentralheizung in Angriff genommen.
Das neue, komfortablere Vereinshaus wurde von allen Gartenfreunden bestens angenommen. Heute ist das Vereinshaus zu einem regelmäßigen Treffpunkt von Gartenfreunden geworden. Man trifft sich einmal in der Woche zum Fachsimpeln und/oder zum Kartenspielen.
Es sprach sich rum im Riederwald was der KGV Ostend für ein schmuckes Vereinshaus hat. Schon kamen die ersten Anfragen auch von CDU und SPD das Vereinshaus für einen Neujahrsempfang (CDU) und ein Aschermittwoch Heringsessen (SPD) nutzen zu dürfen. Bis heute finden diese politischen Veranstaltungen jährlich statt.
Unter dem jetzigen Vorsitzenden Lothar Gilles, der den Verein souverän und sozial ausgewogen führt, wurde die Überdachung der Veranda komplementiert, ein weiteres Lager gebaut und es wurden neue Mitteilungskästen aufgehängt. Ebenso wurden die Gasflaschen durch einen Erdgastank ersetzt. Das Dach des Vereinshauses wurde mit hochwertigen Blechplatten neu eingedeckt.
Als Fazit dieser Vereinsgeschichte ist festzustellen, dass in einer Gemeinschaft von Gartenfreundinnen und Gartenfreunden fast Unmögliches möglich wird. Die wechselvolle Geschichte des Kleingartenbau-Vereins Ostend zeigt, dass nur der untergeht, der nicht ums Überleben kämpft. Möge sich die Zukunft des Vereins mit seiner Gartenanlage so gestalten, dass die Mitglieder in ihrem Garten ein zweites Zuhause im Grünen finden.
Der Vorstand und erweiterter Vorstand im Jubiläumsjahr 2016
Kassiererin Silvia Damm*
Schriftführerin Barbara Degenkolb**
Stellvertretende Schriftführerin Natascha Weber
Arbeitskoordinator: Rainer Mezger
Bewirtung und Vergabe Vereinshaus:
Blacky Klingenberger
Manfred Klingenberger
Schätzer und Kommission „Schönster Garten“:
Heinz Hohmeyer
Karl Bippert
* Silvia Damm gehört dem Vorstand seit 1995 an, zunächst als Schriftführerin und ab 1996 bis heute als Kassiererin.
**Barbara Degenkolb ist seit 2001 Schriftführerin